Workshop und Diskussion zu den französischen Hochschulprotesten und deren Perspektiven
200 000 Menschen sind auf den Straßen. 150 Demonstrationen zeitgleich. 40% der Flüge in Paris müssen gestrichen werden, die Airline Air France muss alleine alle Langstreckenflüge streichen. Zahlreiche U-Bahnen und S-Bahnen wurden stillgelegt. Etliche Universitäten waren besetzt, Prüfungen mussten verlegt werden. Zum Höhepunkt im April gab es in Rennes mehr als 5 000 Studierende, die die Uni besetzten, in Montpellier 2500, in Paris 2000, in Toulouse bis zu 2000 und weitere Unis waren mit hunderten Studierenden besetzt.
In Frankreich machten sich dieses Frühjahr die Proteste breit. Anschlusssuchend an die Proteste 1968 gingen Gewerkschaften, Lehrer_innen, Studierende, öffentlich Angestellte und andere Akteur_innen auf die Barrikaden.
Anlass waren die Réforme du Code du travail und der Plan Étudiant im Hochschulsektor. Erstere hat eine Liberalisierung des Arbeitssektors zum Ziel. Sie verfolgt Änderungen der Arbeitslosenversicherung, der Lehre, verminderte Rechte für Eisenbahner_innen und einen massiven Abbau – 120 000 Personen in fünf Jahren – von Stellen im öffentlichen Sektor.
Der Plan Étudiant ist ebenfalls mit umfassenden Reformen verbunden und soll die Zulassungsbedingungen verschärfen, sowie das Baccalauréat (die französische Matura) reformieren. Dabei sind die Verschärfungen intransparent und haben verstärkte sozioökonomische Selektionsmechanismen zur Folge. So wurden bereits im Mai zahlreiche Bewerber_innen aus dem Pariser Banlieu abgelehnt oder auf Wartelisten versetzt.
In Folge dessen war auch ein Zusammenschluss der Kämpfe (convergence des luttes) zwischen Studierenden und Eisenbahner_innnen zu sehen, genauso wie massive Repression durch Staat, Polizei und Faschisten; wie auch bei der Räumung einer Fakultät in Montpellier durch französische Identitäre zu sehen war.
Im Rahmen der kritischen Einführungstage wollen wir als Aktionskollektiv Freie Bildung einen Workshop mit Diskussion organisieren, der die Umstrukturierungsprozesse im Bildungssektor, die gegenwärtig in ganz Europa zu beobachten sind, thematisiert. Dazu werden zwei Aktivist*innen aus Frankreich eingeladen, die an den Studierendenprotesten in Frankreich dieses Jahr (2018) beteiligt waren, um gegen die neue (universitäre) Bildungsreform zu protestieren. Konkreter werden wir Julien (Jeunes Insoumis), welcher momentan auch bei den Solidaires Étudiant-e-s in Lyon organisiert ist, sowie Alexi aus Bordeaux nach Wien einladen, um mit uns Protesterfahrungen, -formen, sowie möglichen Handlungsoptionen von Studierenden auszutauschen und zu diskutieren.